Im Jahr 1969 gründete Necmettin Erbakan die Bewegung „Milli Görüs“ (Nationale Sicht“). Ziel war eine Islamisierung der türkischen Gesellschaft, ausgehend von einer Islamisierung der Wirtschaft „von unten nach oben“. Der Erfolg war seither spektakulär – Erbakan wurde 1997 Ministerpräsident, wurde aber vom Militär zum Rücktritt genötigt. Doch seine Thesen und Methoden waren Wegbereiter für die gegenwärtige AKP-Regierung. Deren Führer, Regierungschef Recep Tayyip Erdogan und Präsident Abdullah Gül starteten als Erbakans Zöglinge ins politische Leben, sagten sich aber später von ihm los. Nun sieht der 84 Jahre alte Fundamentalistenführer die Zeit gekommen, Erdogan von der Macht zu verdrängen, um wieder selbst zu regieren.
WELT ONLINE: Hodscha, 1997 waren Sie Ministerpräsident, aber Ihre Partei wurde wegen islamistischer Umtriebe verboten. Damals waren Ihre Wegbegleiter Erdogan und Gül. Hätten Sie sich damals vorstellen können, dass der eine später Ministerpräsident wird und der andere Staatschef?